Page 70 - 150 Jahre Sektion Darmstadt-Starkenburg Festschrift
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 Von typisch Mann/Frau zu sprechen, mag man gar nicht mehr so machen. Auffällig ist, dass alle Befragten sich einig darin sind, dass es im Umgang miteinander eher auf den Menschen ankommt, das Geschlecht die unterge- ordnete Rolle spielt und die Suche nach den Unterschieden nicht sinnvoll scheint.
Die meisten Befragten stellen fest, dass jeder Mensch seine eigenen, individu- ellen Stärken und Schwächen besitzt und viele Frauen wollen sich an der Genderdebatte nicht beteiligen, son- dern betonen, dass sie lieber versuchen ihre eigenen von Rollenklischees un- abhängigen Qualitäten zu entwickeln.
Bei Männern im Gegenzug wird beob- achtet, dass diese häufig von ihrer Mei- nung oder ihrem Wissen sehr ü berzeugt sind, dazu neigen, sich selbst zu überschätzen, und der Gruppe mehr zumuten. Männer werden als risikobe- reiter, ehrgeiziger, selbstbewusster, mutiger, verbissener, und weniger frus- trationstolerant wahrgenommen.
sondern auch aufgrund des Alters, zum Beispiel für zu jung gehalten zu werden für eine Fü hrungsrolle.
Ein Ärgernis, das häufig genannt wird ist, dass Männern pauschal eher Lei- tungseigenschaften zugeschrieben wer- den, als Frauen.
“Menschen haben unterschiedli-
che Eigenschaften und manche
davon treten vermehrt bei Frauen und manche vermehrt
bei Männern auf. Meiner Mei- nung nach begründet sich das darin, dass sich Eigenschaften bzw. erlernte Verhaltensweisen unterschiedlich bewährt haben. Sicher gibt es auch Un- terschiede, die durch die Biologie be- dingt sind, dennoch passt es für mich nicht Eigenschaften als typisch fü r ein Geschlecht zu etikettieren.” Martina
Pauschalisierungen kö nnen nur falsch sein, dennoch werden Unterschiede zwischen den Geschlechtern wahrge- nommen und benannt.
Frauen werden dabei die Charakter- merkmale analytisch denkend, ü berlegt, reflektiert, sozial, empathisch, zurü ck- haltend, passiv zugeschrieben. Es wird beobachtet, dass Frauen sich oft weni- ger durchsetzen, weniger erfolgsorien- tiert sind, sich häufig unterschätzen, defensiver, vorsichtiger und mehr auf Sicherheit bedacht sind. Es wird berich- tet, dass Frauen offener sind für Neues und bereit ihre Meinung zu ü berdenken.
Bevorzugung/Benachteiligung als Frau
Die meisten schildern, dass sie in ihrem Job schon ö fter Benachteiligungen er- fahren haben, das am Berg aber weni- ger erleben und als Athletin manchmal sogar Vorteile haben.
Sprü che wie „Fü r ‘ne Frau ganz gut!“ oder „Wo sind denn eure Männer ge- blieben?“ haben viele Frauen aus der Sektion am Fels erlebt, egal welche Ge- neration.
Manche fü hlen sich am Berg nicht ernstgenommen oder es wird ihnen deutlich weniger zugetraut, als sie kö nnen. Benachteiligung gibt es aber nicht nur aufgrund des Geschlechts,
„Man
muss als Frau lauter sein, und seinKönnenimmerwiederunterBeweis stellen...”Rebekka
Manche stellen aber auch klar, dass die Frauen oft ihre eigenen Werte und Ziele unbegrü ndet hinter die Erfü llung der Bedü rfnisse von Familie und Part- ner stellen.
Typisch Frau / Typisch Mann?
Licher-Bier Werbung. Das Foto entstand bei der hessischen Grönland-Expedition 1971 und zeigt Anne Kreuzinger (Mutter von Anne Esser) und Kurt Diemberger.
Foto: Archiv Esser
Typisch! – Typisch?
Welche unterschiedlichen Erfahrungen in Bezug auf die Geschlechter gibt es in Gruppen und bei Kursen? Wie sieht es aus mit Bevorzugung und Benachteiligung? Wie gut gelingt Gleichbehandlung?
  „Ich erlebe es nur zu oft, dass Frauen
sich weiterhin unterschätzen und in dieser ei- genen Wertunterschätzung oft gefangen bleiben. ...IchwünschejederFrauetwasmehrmännli- chenMut.“Julia
“Die Frage nach den Touren, die ich mache
oder die Schwierigkeiten, die ich klettere umgehe ich immer öfter bewusst. Das finde ich manchmal erschreckend, wie viel mehr Aufmerksamkeit mir gegeben wird, wenn je- mand der mich noch nicht so kennt, feststellt wie und wo ich mich austobe.” Ruth
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