Page 12 - 150 Jahre Sektion Darmstadt-Starkenburg Festschrift
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Die Sektion Darmstadt-Starkenburg des Deutschen Alpenvereins und der Nationalsozialismus
Im Redaktionsgremium für diese Fest- schrift waren wir uns schnell einig: Das oben genannte Thema gehört in einer solchen Schrift angesprochen. Lange Zeit hat sich der Alpenverein insge- samt, aber auch unsere Sektion diesem Thema nicht gestellt, besser also jetzt und an dieser prominenten Stelle als nie.
Das Thema Nationalsozialismus ist ak- tuell: In der Frankfurter Rundschau vom 7. April 2021 lädt das evangelische Dekanat Darmstadt-Stadt zu einer Ver- anstaltungsreihe mit den Worten ein: „Der Trend ist besorgniserregend. Seit Jahren versuchen rechtsextreme Netz- werke, die demokratische Gesellschaft tiefgreifend zu verändern, die Rechts- extremen sind weit verzweigt, gut or- ganisiert, digital und weltweit vernetzt und richten sich im Kern gegen unsere Demokratie“. Demnach gibt es Anlass zur Sorge und Anlass zum Handeln.
Das ist das Heute. Wie war es gestern, oder, für viele von unseren Sektions- mitgliedern, damals?
Bereits im Dezember 1924 beschloss die Hauptversammlung des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins (D.u.Ö.AV) mit 89,7 Prozent oder 1663 von 1853 der Stimmen den Ausschluss der Sek- tion Donauland.
Jüdische Alpenvereinsmitgliedern hat- ten diese 1921 gegründet, da sie zuvor aus anderen Sektionen ausgeschlossen wurden. Diesen Ausschlüssen vorange- gangen war eine beispiellose nationa- listische und nationalsozialistische Hetzkampagne gegen jüdische Mitglieder.
Gegen den Ausschluss stimmten (nach nicht ganz sicherer Quellenlage) 22 Sektionen. Die zwei Alpenvereinssek- tionen, die es damals in Darmstadt gab, nämlich die Sektion Darmstadt und die Sektion Starkenburg, waren leider nicht unter den genannten Gegnern des Ausschlusses.
Bemerkenswert ist der frühe Zeitpunkt, zu dem die Nationalisten auf ihr Projekt eines judenfreien Deutschlands hinar- beiteten, ich werde später noch einmal darauf eingehen.
Die Darmstädter waren schon früh flei- ßige Wähler des Nationalsozialismus. Schon bei mehreren Wahlen bis 1932 wählten sie mehr als 40 Prozent der Darmstädter. Bei der Reichstagswahl am 5. März 1933 stimmten 50 Prozent der Darmstädter für die NSDAP. Darmstadt lag damit deutlich über dem Ergebnis von 43,9 Prozent im gesamten deutschen Reich. Es ist an jedem von uns zu errechnen, wieviele der damals ca. 450 Mitglieder der beiden DAV Sektionen damit auch NSDAP-Wähler gewesen sein können.
Bereits im April 1933 führten die Darmstädter Vereine den Arierpara- graphen ein und schlossen alle jüdi- schen Mitglieder aus. Das hatte, wie oben berichtet, der Alpenverein - sozu- sagen vorausschauend - bereits im Vor- feld getan. Am 21. Juni fand auch in Darmstadt die Bücherverbrennung statt, der Direktor der TH Darmstadt (heute TU Darmstadt) selbst hielt eine dazu passende Ansprache. Akademi- sche Ausbildung scheint nicht vor der Anfälligkeit gegenüber nationalsozialis- tischem Gedankengut zu schützen.
Überhaupt war Darmstadt während des Nationalsozialismus gerade im Sport besonders ehrgeizig. So strebte die Stadt die Bezeichnung „Sportstadt des Reiches“ an, gigantische Sportanlagen wurden hinter dem Großen Woog und am Böllenfalltor geplant, jedoch nur in Ansätzen verwirklicht.
Zurück in die Reichspolitik: 1934, nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, erhielt der vormalig „Deutsche und Österreichische Alpenverein“ den neuen Namen „Deutscher Alpen-
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