© Harald Bauer /bauerfoto.de

Neues Zuhause für Wanderfalken

Naturschutz trifft Klettern

09.01.2025

Seit November hängt im Steinbruch von Hainstadt ein besonderer Nistkasten in schwindelerregenden 25 Metern Höhe. Warum er dort angebracht wurde, welche Rolle die Kletterfreunde Odenwald e.V.  dabei spielen und wie der Nistkasten die Wanderfalken vor einem ihrer größten Feinde schützt, erzählen Bernhard Saul (NABU Ortsgruppe Breuberg) und Thorsten Seemüller (Kletterfreunde Odenwald e.V.) im Interview.


I: Wie ist es dazu gekommen, dass der Kasten dort oben aufgehängt wurde:

B.S.: Seit einigen Jahren haben wir keine erfolgreiche Wanderfalkenbruten mehr in Unterzent (Höchst, Breuberg, Lützelbach) gehabt. Dies ist wahrscheinlich auf die Verbreitung des Uhus zurückzuführen, der die Wanderfalkenhorste ausräubert.

Vor ca. 4 Jahren habe ich einen vielversprechenden Zeitungsartikel über uhusichere Nistkästen für Wanderfalken am Neckar gelesen. Da habe ich Kontakt mit dem Erbauer aufgenommen und die Baupläne bekommen.

Die untere Naturschutzbehörde des Odenwaldkreises hat die Finanzierung für den Bau von 5 Nistkästen übernommen. Die sind ja nicht ganz billig.

Einen davon wollten wir gerne im Steinbruch Hainstadt aufhängen, da dort früher regelmäßig die Falken gebrütet haben. Dazu haben wir die Kletterfreunde Odenwald kontaktiert, die die Kletteranlage im Steinbruch betreuen und den Alpenverein Darmstadt-Starkenburg, der den Steinbruch von der Stadt Breuberg gepachtet hat.  

T.S: Als Herr Saul uns kontaktiert hat, waren wir sofort von der Idee begeistert. Klettern und Naturschutz gehören für uns zusammen. Früher haben die Falken ja regelmäßig im Steinbruch gebrütet und erfolgreich ihre Jungen großgezogen. Dafür haben wir gerne und freiwillig die Kletterrouten in der Nähe des Horstes während der Brutzeit gesperrt. Der übrige Kletterbetrieb im Steinbruch hat die Falken nicht gestört, das war eine gute Nachbarschaft.

Wir haben uns dann im Steinbruch mit dem Nabu getroffen und schnell zueinander gefunden. Gemeinsam haben wir den passenden Platz für den Nistkasten bestimmt und uns auf die saisonalen Klettersperrungen geeinigt.“

I.: Warum muss denn der Wanderfalke überhaupt noch geschützt werden? Die Art steht ja nicht mehr auf der roten List der gefährdeten Arten und die Bestandsprognose für die Art ist positiv.

BS: Früher gab es in Unterzent regelmäßig erfolgreiche Bruten von drei Wanderfalken-Paaren, die jeweils zwei Junge großgezogen haben. In den letzten Jahren ist dies jedoch ausgeblieben – zeitgleich mit der zunehmenden Verbreitung des Uhus. Beide Arten sind im Steinbruch Hainstadt regelmäßig zu hören. Mit dieser Aktion möchten wir die Wanderfalken in unserem Kreis gezielt fördern.


I.: Wie wird denn erreicht, dass der Uhu nicht an das Falkennest kommt?

B.S.: Der Kasten hat eine Grundfläche von ca. 1m x 1m und teilt sich auf in einen wettergeschützten Kasten und einen Balkon, auf dem die Vögel landen können.  An der Vorderseite des Balkons sind senkrechte Stäbe montiert. Die verhindern, dass der viel größere Uhu dort landen kann.

I.: Und wie wurde der Nistkasten montiert?

T.S.: Der Kasten ist ja nicht nur sperrig, sondern mit 28kg auch recht schwer. Nach einer Besichtigung vor Ort haben wir uns entschieden, den Kasten von oben abzulassen. Dazu haben wir uns eine Stelle ausgesucht, an der die Abbruchkante nicht so brüchig ist. Wir haben Sicherungen an den Bäumen angebracht und den Kasten und uns daran abgeseilt. Den Kasten haben wir an geklebten Haken verankert, die wir eine Woche zuvor gesetzt hatten. Diese verwenden wir normalerweise auch für Kletterrouten.

 

I.: Und wie geht es jetzt weiter?

T.S.: Jetzt warten wir das Frühjahr ab und hoffen dass die Falken in das neue Apartment mit Aussicht Einziehen.

B.S.: Genau. Der Standort im Steinbruch hat für uns ja auch den Vorteil, dass wir nicht regelmäßig dorthin müssen, da ja die Kletterer ohnehin vor Ort sind. 

Für zwei der Kästen suchen wir noch geeignete Standorte zum Aufhängen. Wer Ideen oder Vorschläge hat, kann sich gerne bei der NABU Ortsgruppe Breuberg melden.

I.: Dann wünschen wir Ihnen und den Wanderfalken viel Erfolg bei dem Erstbezug der neuen Wohnung.

Fotos: Harald Bauer bauerfoto.de