Am Donnerstag,13.8.09 wird per Bus nach St. Anton am Arlberg gefahren. Bei bestem Bergwetter starten wir als Gruppe B mit 11 Teilnehmern + Wanderleiter Gerhard Blume, i.V. von Paul Michel in Pettneu zur Edmund-Graf-Hütte.
Es liegen 1200 Hm im Aufstieg nachmittags vor uns. Beginnend auf dem Forstweg im Malfontal “schraubt“ man sich zur vorderen Malfonalpe, wo es die erste Trinkpause gibt. Weiter geht es an der Materialseilbahn vorbei, die Rucksäcke bleiben am Rücken. Der Weg, stetig in Serpentinen verlaufend läßt uns Höhenmeter „fressen“. Bald kommt die Hütte ins Blickfeld . Hüttenwirt Markus empfängt uns mit Freude. Es heißt Zimmer und Lager einrichten, die Umgebung erkunden und den Hüttenabend kommen lassen. Wir lernen uns kennen und stellen mit Erstaunen fest, es wird entspannt weitergehen, obwohl der Altersunterschied gewaltig ist. Am Ende stellten wir fest: Die Mischung machts.
Freitagnacht blitzt und regnet es. Am Morgen gibt es Nieselregen und es geht gegen 9.00 Uhr los. Auf dem Rifflerweg zur Schmalzgrubenscharte, wird mehrmals der Anorack aus- und angezogen. Es geht im Blockwerck mit wunderbarem Blick auf den Schmalzgrubensee zur Scharte. Am ersten Teilziel bei 2.697 m zeigt sich die Sonne. Weiter auf Weg 512, jetzt in steilen Grasflanken, führt der Kielerweg mit Panormawegcharakter zum heutigen Tagesziel, der Niederelbehütte am Seßsee.
Unsre Jugend startet zum Hüttengipfel, die älteren lassen es langsamer weitergehen. Erst am Abend wird nochmal durchgestartet. Heute Abend wird gespielt und erzählt. Über das Wetter mit Sicherheit nicht, es wird sommerlich warm auf 2.300m Höhe. Eine Bemerkung zum Essen: Die HP ist köstlich, man kann es kaum glauben, was Hüttenköche so alles servieren lassen.
So beginnt auch der Samstag mit Sonne draußen und drinnen ist ein ein reichhaltiger Frühstückstisch für uns gedeckt. Das Tagesziel ist das Ende der Sternwanderung, die Darmstädter Hütte. Vorher führt der Weg über das Seßlachjoch mit 2.749 m, wieder im alpinem Gelände mit vielfältiger Flora und geologischem Wissenstest zu den verschiednen Gesteinsarten im Nah- und Fernbereich. Besonders die Augen haben viel aufzunehmen, die Fotos zeigen die Vielfältigkeit der Verwallgruppe. Von 1800m am Kartellspeicher gilt es aus dem Kartellboden wieder Höhe zu gewinnen. Schließlich liegt unsre Hütte auf fast 2400 m, und das in der Mittagssonne .... Aber die freudige Begrüßung durch die Gruppe A, welche von der Konstanzer Hütte kam lässt uns vom Radler träumen. So nimmt das Hüttenjubiläum seinen Lauf....
Am Sonntagmorgen beginnt der Tag bei Andi und Team mit dem letzten Frühstück in den Bergen. Anschließend liegen wieder 1000 Hm im Abstieg nach St. Anton vor uns, wir würzen sie mit einem Zwischenstop auf der Rossfallalpe. Pünktlich kann der Bus zur Heimfahrt nach Darmstadt starten, wo wir 21.30 ankommen.
Die Sternwanderung war eine wiederholungswürdige Unternehmung und ich sage den Organisatoren und „Machern“ danke.
Gudrun F.
Ich sitze im Postbus, der uns aus dem Val de Bagnes zurück nach La Douay, dem Ausgangspunkt unserer Tourenwoche bringt. Sanft schaukelnd geht die Fahrt über schmale Steinbrücken, durch enge Kehren, vorbei an dunkelbraunen Chalets mit roten Geranienwolken und typischen Walliser Speicherhäusern. Eine wunderbare Woche neigt sich dem Ende entgegen und wir sind alle jetzt ein wenig müde …
Die Idee war, die Haute Route, die berühmte Skitouren-Passage von Chamonix nach Zermatt und Saas Fee, als Sommer-Variante zu gehen. Paul hatte für die Gruppe 50+Fit die Wegführung ausgearbeitet, und so starteten wir zu siebt in der letzten Augustwoche. Ausgangspunkt ist La Douay nahe Orsières im Wallis – unsere Tour beginnt nämlich mit dem Zug. Der Schweizer Sankt Bernhard Express bringt uns zunächst nach Martigny, wo wir in den Montblanc Express umsteigen. Schnell gewinnt der Zug an Höhe und hoch über der Gorges du Trient erleben wir eine sehr ausgesetzte Bahnstrecke mit aufregenden Tiefblicken, aber auch immer häufiger oben hervorblitzendem Gletscherweiß – wir nähern uns der Mont Blanc Region. In Montroc unweit Chamonix verlassen wir den Zug und steigen bei bestem Wetter auf zum Refuge Albert Premier des Club Alpin Francais. Schon bald folgt der Weg einer steilen Moräne, die den Gletscherbruch des Glacier du Tour begleitet. Der Ausblick ist grandios: über dem Gletscher der Aufbau der Aiguille du Chardonnet und weiter im Südwesten die Aiguilles von Chamonix und der Mont Blanc. Die Hütte ist sehr gut besucht, wahrscheinlich auch voll belegt – wir sitzen auf der Terrasse und genießen unseren ersten Tag, die Sonne, die Aussicht, das Publikum in dieser hochalpinen Umgebung und eine köstliche Tarte aux Myrtilles.
Am nächsten Morgen früher Aufbruch – schließlich ist heute Hochtourentag. Paul hat den Übergang zur Cabane d’Orny über den Col du Tour und das weite Schneeplateau des Glacier du Trient geplant. Wie wird das Wetter? Von Südwesten ziehen dunkle, sehr dunkle Wolken heran. Über verblocktes Gelände steigen wir ein Stück zum Gletscher hinab und folgen diesem auf zunächst noch recht flachem und gut griffigem Firn. Allmählich wird es steiler, wir legen die Steigeisen an, binden uns ins Seil und setzen den Weg fort. Vor uns liegt die Aiguille du Tour mit dem charakteristischen Felstisch auf dem Südwestgrat. Dahinter ist auch schon die aufgehende Sonne zu erahnen. Aber ein Blick zurück zeigt eine gewaltige herandrängende Wolkenwand und in dem steilen Couloir unterhalb des Col du Tour beginnt es zu schneien. Oben am Col arbeiten wir uns in Blockkletterei über teilweise vereiste Felsen, einen äußerst engen Durchgang und immer dichterem Schneetreiben hinüber zum Plateau – Sicht gleich Null. Wie geht es weiter? Ich denke an Abwarten, das Wetter wird sich bessern, aber Dieter und Paul zögern nicht. Sie haben die Wegführung über das Gletscherplateau schon vorab in ihre GPS-Geräte eingegeben und können uns im Schneegestöber per Satellitennavigation über den Gletscher führen. Nach einer guten Stunde hört es langsam auf zu schneien, und auf einem Felsaufbau sehen wir die Cabane du Trient vor uns liegen. Wir beschließen, dort eine Rast einzulegen. Die Hütte ist offenbar fest in britischer Hand, wir finden noch eine freie Ecke und wärmen uns bei Suppe, Tee und einer Tarte aux Pommes erst einmal auf. Aber schon bald brechen wir wieder auf und steigen noch ein weiteres Stück ab zur Cabane d’Orny. Das Wetter bessert sich zusehends und als wir bei der Hütte ankommen, scheint die Sonne. Viele Kletterer haben sich hier eingefunden und ein umfangreicher „Katalog“ mit Topos in der Hütte zeigt, dass die Granitwände ringsum ein einziger riesiger Klettergarten sind.
Der folgende Tag bringt uns einen abwechslungsreichen Abstieg nach Champex. Es gibt weite Ausblicke bis zum Genfer See mit einer kleinen erdgeschichtlich-geologischen Einlassung von Claus, wir laufen an einem Wildbach und seiner gezähmten Ableitung, einer Suone, entlang, und schließlich geht es mitten durch eine Herde friedlicher Walliser Eringer (Kampf-)Kühe mit prächtigen Halsbändern und Glocken. Am idyllischen Lac du Champex dann noch eine kleine Exkursion. Dieter hat die Koordinaten eines Geo-Caches dabei und so sucht die Gruppe in einem kleinen Waldstück nach dem „Schatz“, der sich dann völlig unspektakulär als Plastikdose mit diversen Kleinigkeiten herausstellt. Wir merken aber, dass das Suchen den größten Spaß bringt. Übernachtung wieder in La Douay „Chez Serge“, dieses Mal mit einem leckeren Croûte au Fromage als Abendessen.
Halbzeit unserer Tourenwoche: Mit Bahn und Bus fahren wir in das Val Ferret und steigen hoch zum Fenêtre du Ferret. An diesem Übergang verläuft die schweizerisch-italienische Grenze. Ein Stück unter uns windet sich die Passstraße zum Großen Sankt Bernhard, etwas weiter östlich erkennen wir auch schon das Hospiz auf der Passhöhe und noch weiter in nordöstlicher Richtung den schneebedeckten Gipfel des Mont Vélan. Wir steigen ein wenig ab und erreichen dann von italienischer Seite den Colle de Gran San Bernardo. Das Passieren der (nun bewachten) Grenze ist problemlos, allerdings lernen wir, dass die gut aussehenden italienischen Grenzbeamten nicht gerne fotografiert werden wollen. Was für ein Trubel! Neben vielen hundert Plüsch-Bernadinern sehen wir auch fünf echte Hunde, die dort für eine exorbitante Hunde-Ausführ-Gebühr eine Stunde lang an der Leine gehalten werden dürfen. Wir übernachten in Bourg Saint Pierre an der Passstraße, wo Madame eine weitere Walliser Spezialität, nämlich Patate (au Fromage) serviert.
Die Wegführung der Haute Route, also eigentlich Skitour, kann, natürlich auch in Abhängigkeit der Schneeverhältnisse auf den Gletschern, variiert werden. Im Sommer begangen bieten sich für die Strecke ungleich mehr Variationsmöglichkeiten. Während man also zum Beispiel im Winter den Grand Combin meist südlich passiert, wählte Paul als Sommer-Variante die nördliche Passage – eine sehr gute Entscheidung … Von Bourg Saint Pierre steigen wir auf, hoch auf die östliche Seite des Val d’Entremont. Wir folgen dabei einem schmalen Saumpfad, der sich durch überaus steile Bergwiesen zieht. Ein trockener warmer Wind streicht über diesen Hang und trägt einen Sommerduft von Heu und Wacholder in die Nase. Der Blick nach Westen zeigt uns die Mont Blanc Region: im Süden die Grandes Jorasses, dann Mont Dolent und die Tour Noir inmitten einer Kette von Graten, Türmen und spitzen Felsnadeln, weiter die mächtige Aiguille d’Argentière, das Fenêtre du Saleina, die Aiguille du Chardonnet, die Doppelspitze der Aiguille du Tour und auch das Plateau des Glacier du Trient, das wir vor zwei Tagen im Schneetreiben durchquert haben. Im Osten, zwischen lockeren Wolkenfeldern, erkennen wir die Gipfel des Combin Massivs – großartige Ausblicke nach rechts und links … Die winzige Cabane de Mille und eine Runde kühles Panaché erwarten uns am späten Nachmittag. Was will man (und frau) mehr?
Am nächsten Morgen steigen wir zunächst ein Stück ab und wandern etwas unterhalb der Baumgrenze in das Val de Bagnes. Der Weg führt uns durch einen Wald mit eindrucksvollen Zirbelkiefern und einer unglaublich reichen Vegetationsvielfalt. Es ist noch früh am Tag, das Licht zeichnet weiche Schatten – vielleicht ein Zauberwald? Gegen Mittag erreichen wir die Cabane Brunet und machen eine ausgiebige Rast mit Viande Sechée, Walliser Käse, Würsten und einem feinen Fendant. Steil geht es nun hinauf zum Col des Avouillons und oben in der schmalen Scharte des Übergangs sehen wir dann unter uns den mächtigen Glacier du Corbassière, der sich vom Grand Combin herunterzieht. Weit drüben, auf der gegenüberliegenden Moräne, erkennen wir die Cabane de Panossière. Wir queren den Gletscher in einem spaltenarmen flacheren Abschnitt. Unter uns gurgelt abgeschmolzenes Wasser, rauscht in scheinbar grundlosen Eislöchern in die Tiefe. Große und kleine Findlinge, die der Gletscherstrom mit sich getragen und geformt hat, liegen auf dem Eis. Wie wird sich dieser Gletscher in den nächsten Jahren noch verändern? Der Wirt der Cabane de Panossière begrüßt uns mit Handschlag; die Hütte selbst wurde erst vor wenigen Jahren neu erbaut und dabei sehr großzügig und modern angelegt.
Der Samstag ist da, unser letzter Touren-Tag und der Abstieg von der Cabane zum Stausee von Mauvoisin im Val des Bagnes ist noch einmal lang und steil, aber es gibt schon Ausblicke in den nächsten Teil der Haute Route: östlich, Richtung Arolla, schiebt sich das Dreieck der Nordwand des Mont Blanc de Cheilon in unser Blickfeld. Heute wird noch ein bisschen gefeiert. Ein Salat de Chèvre Chaud, der uns noch gefehlt hat, macht den Anfang …
Das war unsere Haute Route im Sommer – erster Teil: eine sehr gelungene Tourenwoche mit vorzüglicher Planung (nochmals Danke, Paul!). Für mich eine Genusswoche mit großartigen Westalpen-Ausblicken, mit viel Spaß, kulinarischen Leckerbissen, womöglich leistungsfördernden Strumpfhosen, Klasse-Eisgeräten, GPS-Caches mit und ohne Deadline, mit geologischen Einblicken und Einsichten, Wortspielen von Drusen und Druiden, historischen Diskursen über Hannibal und sehr netten Leuten!. – Was soll ich noch sagen? Vielleicht noch einmal Hermann Hesse erwähnen „mit der Reife wird man immer jünger“ und: Lasst uns das im nächsten Jahr fortsetzen …
Christel – Eva Hüttl
(Der GPS-Track der Tour ist bei dikoenig(at)gmx.de zu erhalten)
Nachruf:
Wir werden die Tour so nicht fortsetzen können - zehn Tage, nachdem dieser Bericht verfasst war, erhielten wir die Nachricht, dass Anne Langanke in der Unglücksmaschine saß, die am 8. Oktober 2008 auf dem Flughafen von Lukla, Nepal, zerschellte und ausbrannte. Mit ihr starben 18 Menschen.
Es tut uns Leid.
Bernd, Christel, Claus, Dieter, Gudrun, Paul